Zeitschrift Rhein-Maas – Zweiter Band

Vor einiger Zeit habe ich den ersten Band einer neuen Zeitschrift vorgestellt, die das Institut für niederrheinische Kulturgeschichte und Regionalentwicklung der Universität Duisburg-Essen herausgibt: “Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur” Inzwischen sind zwei weitere Bände erschienen, die ich hier und in einem späteren Beitrag kurz vorstellen möchte. Heute also zu Band 2 der Zeitschrift.

Sowohl der geographische Rahmen, der durch den Namen vorgegeben ist, als auch der Standort der Herausgeberschaft legen es nahe, dass die Zeitschrift auch einige Beiträge zur Kultur und Geschichte des Ruhrgebiets enthalten wird. Wie schon im ersten Band bleibt die Struktur der Beiträge erhalten:

  • Aufsätze,
  • Aus dem Museum,
  • Forum und
  • Rezensionen.

Wie schon im ersten Band beschließt auch in dieser Ausgabe der Zeitschrift eine niederländische Zusammenfassung die Beiträge in der Rubrik “Aufsätze”. Anders als beim ersten Band wurde aber diesmal ein Themenschwerpunkt gewählt: Archäolgie. Einen Überblick über die einzelnen Beiträge des Bandes, die sich mit den Burgen des Ruhrgebiets ebenso befassen wie mit dem eisenzeitlichen Hellweg, Adel und Militär am Niederrhein oder dem frühneuzeitlichen Staatsbildungsprozess am Beispiel Lüttichs, kann man sich auf der Homepage zur Zeitschrift verschaffen, so dass ich hier nicht das komplette Inhaltsverzeichnis aufführen muss. Ich möchte vielmehr eine höchst subjektive Auswahl der Beiträge näher beleuchten.

  • Herrmann, Volker, Duisburg, ein bedeutender Siedlungs- und Handelsplatz zwischen Spätantike und Mittelalter – Neue archäologische Funde und Strukturen aus dem Duisburger Stadtgebiet. In: Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur, Bd. 2 (2011), S. 75-107.

    Mein persönlicher Anknüpfungspunkt liegt darin begründet, dass ich 13 Jahre in Duisburg gewohnt habe und daher ein wenig mit der Stadtgeschichte vertraut bin. Der ehemalige Duisburger Stadtarchäologe Volker Hermann (seit Ende letzten Jahres ist er in Bern für die Stadt-, Burgen-, Kirchenarchäologie und Bauforschung zuständig) hat eine gelungene Überblicksdarstellung, die den aktuellen Forschungsstand zur mittelalterlichen Stadtgeschichte präsentiert, vorgelegt. Aufgrund neuerer archäologischer Funde und Befunde kann die Jahrtausende lange, intensive Besiedlung des Raumes an der Ruhrmündung zwischen Spätantike und frühem Mittelalter gut nachvollzogen werden. Herrmann beschreibt, unterstützt von diversen Abbildungen und Karten, wie auf Grundlage römischer Infrastruktur seit dem 5. Jahrhundert die Franken ihre Herrschaft aufrichteten. Der Königshof Duisburg war eingebettet in ein Siedlungsgeflecht und ein überörtliches Wegesystem. Im 10. Jahrhundert steigt Duisburg zu einer Kaiserpfalz auf und wird wegen seiner sehr günstigen verkehrstopographischen Lage zu einem wichtigen Handelszentrum. “Die endgültige Verlandung des Rheinarms vor der Stadt besiegelte im ausgehenden 14. Jahrhundert den wirtschaftlichen Niedergang Duisburgs und der mit der Stadt verbunden Region.” (S. 106) Hermanns Beitrag ist eine gelungene Überblicksdarstellung zur spätantiken und mittelalterlichen Stadtentwicklung Duisburgs, die dank der zahlreichen Anmerkungen eine weiterführende Lektüre dem interessierten Leser jederzeit ermöglicht.

  • Zieling, Norbert, Archäologische Ausgrabungen in der Colonia Ulpia Traiana / Xanten – Versuch einer Bilanz. In: Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur, Bd. 2 (2011), S. 109-129.

    Norbert Zieling arbeitet als leitender Bodendenkmalpfleger im Archäologischen Park Xanten (APX) und beschreibt den aktuellen Forschungsstand dieses großen geschützten Bodendenkmals. Die ehemalige römische Stadt Colonia Ulpia Traiana (CUT) wird seit dem 19. Jahrhundert immer wieder mehr oder weniger systematisch und aus wissenschaftlichem Interesse ausgegraben. 1973 wurde auf dem Areal der antiken Stadt der APX errichtet. 1980 wurde die CUT in die Denkmalliste der Stadt Xanten eingetragen und so als Bodendenkmal unter Schutz gestellt. 1985 errichtete der Landschaftsverband Rheinland schließlich eine eigene Außendienststelle, heute LVR-Archäologischer Park Xanten/LVR-RömerMuseum Xanten, die mit der Erforschung, Erhaltung und Präsentation des Bodendenkmals beauftragt ist. Seitdem kann unter einmaligen Bedingungen ohne Druck – wie es sonst beispielsweise bei Notgrabungen der Fall ist – die römische Geschichte erforscht werden. Zieling stellt nun in seinem Beitrag diese Forschungstätigkeit seit Gründung der Außendienststelle dar. Er behandelt zunächst die Forschungsgeschichte der römischen Stadt und die Vorgeschichte des APX, ehe auf die großen Grabungen der letzten 25 Jahre eingeht: Öffentliche Thermen, Handwerkerhäuser, Capitol, Forum und Weitere Forschungsschwerpunkte. In seinem Fazit geht Zieling auf die grundsätzliche Frage ein, ob es nicht besser wäre, die nun geschützten Bodendenkmäler unberührt im Boden zu belassen, damit spätere Forschergenerationen mit besseren wissenschaftlichen Methoden daran arbeiten könnten. Dahinter verbirgt sich das Grundproblem der Archäologie, dass mit jeder Grabung zwar Wissen vermehrt, zugleich aber auch die archäologische Quelle unwiderbringlich zerstört wird. Darin unterscheidet sich die Archäologie grundsätzlich von der historischen Forschung, deren Quellen in der Regel in Archiven gut geschützt sind und bleiben. Weitere Grabungen seien laut Zieling aber allein schon gerechtfertigt durch den Zuwachs an Bedeutung für den Park und damit verbunden wachsendes Besucherinteresse. Nur stetig neue Grabungen und damit verbunden Erkenntnisgewinn, der dann wieder öffentlichkeitswirksam präsentiert werden kann, sichert auf Dauer das Publikums- und Medieninteresse an dem Projekt APX. Die Besucherzahlen, 2009 waren es mehr als 700 000 Besucher, sind das beste Argument für das Projekt Archäologischer Park Xanten. Würde man auf neue Grabungen und damit auf neue Erkenntnisse verzichten, würden einbrechende Besucherzahlen das Projekt langfristig zum Scheitern bringen und somit auch den Schutz der Bodendenkmäler gefährden. Der APX ist, so Zieling, eine perfekte Symbiose zwischen Forschung, Vermittlung und Denkmalschutz. Nicht zuletzt verlaufen auch die Grabungen sehr denkmalschonend, weil sie – anders als bei Notgrabungen – ohne Zeitdruck erfolgen. Bleibt noch zu erwähnen, dass ich selbst vor vielen Jahren als Volontär und Museumspädagoge im damaligen Regionalmuseum/Archäologischen Park Xanten gearbeitet habe und einige der hier erwähnten Grabungen noch aus eigener Anschauung vertraut sind.

  • Zeppenfeld, Burkhard, Der LVR-Industriearchäologische Park St. Antony. In: Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur, Bd. 2 (2011), S. 187-192.

    Burkhard Zeppenfeld, der Leiter der Oberhausener Außenstelle des Rheinischen Industriemuseums, berichtet in der Rubrik “Aus dem Museum” über die Erforschung und Präsentation der St. Antony-Hütte in Oberhausen, die seit Herbst 2010 der Öffentlichkeit als industriearchäologischr Park zugänglich ist. Darüber war auf diesem Blog bereits öfter die Rede. Nach einer ‘kurzen Geschichte der St. Antony-Hütte’ wird die ‘industriearchäologische Grabung’ beschrieben. Das Gelände der ehemaligen St. Antony-Hütte steht seit dem Jahr 2000 als erstes Oberhausener Bodendenkmal unter Schutz. Von 2006 bis 2008 wurde das Gelände systematisch von Archäologen der Außenstelle Xanten des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland ausgegraben. Zeppenfeld stellt dann die wesentlichen Teile des Bodendenkmals vor, zunächst die Gießhalle, dann der Kokshochofen und schließlich Kesselhaus, Dampfgebläse und Kupolofen. Den Abschluss des Beitrags bildet die ‘Präsentation der Ergebnisse im LVR-Industriearchäologischen Park”. Zur Präsentation des archäologischen Befundes mit Erläuterung der Bau- und Technikgeschichte kommt nämlich noch eine museale Darstellung der Geschichte der Anlage im Wohnhaus der St. Antony-Hütte. Wer mehr über die St. Antony-Hütte erfahren möchte, wird in den Anmerkungen auf weiterführende Literatur verwiesen.

Insgesamt ist der zweite Band der Zeitschrift eine vielseitige Zusammenstellung von Überblickdarstellungen zur archäologischen Forschung in der Region mit Schwerpunkt Niederrhein und Ruhrgebiet. Die Beiträge geben jeweils einen guten Überblick und ermöglichen weitere Lektüre durch ihre Literaturhinweise. Es lohnt sich auf jeden Fall, mal einen Blick hinein zu werfen.

Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur, hrsg. v. Institut für niederrheinische Kulturgeschichte und Regionalentwicklung durch Jörg Engelbrecht, Simone Frank, Christian Krumm und Holger Schmenk, Duisburg (Universitätsverlag Rhein-Ruhr) 2011, ISBN 978-3-942158-07-7; ISSN 1869-4071.

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