Zeitschrift Rhein-Maas: „Aus dem Museum“

Wie angekündigt will ich einige Beiträge des ersten Bandes der neuen Zeitschrift Rhein-Maas vorstellen. Die neue Zeitschrift als solche habe ich bereits in einem früheren Beitrag hier präsentiert.

Heute will ich die Rubrik „Aus dem Museum“ näher beleuchten, die im ersten Band mit zwei Beiträgen vertreten ist, und zwar

  • mit einem Beitrag über das „SchifffahrtMuseum im Düsseldorfer Schlossturm“ und
  • einem über die „Geschichte und Profil der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf: Vom Polizeipräsidium zum Erinnerungsort“.
Zunächst stellt Eva-Marie Ehrig das „SchifffahrtMuseum im Düsseldorfer Schlossturm“ vor (S. 199–206).

Eingangs schildert sie anschaulich die Lage des Museums, den Schlossturm an den Rheinuferpromenade in seiner historischen Bedeutung für das Herzogtum Berg und die Stadt Düsseldorf. Daraus leitet sich auch der Anspruch der naturgemäß schwerpunktmäßig auf Schifffahrt, Handel und Wirtschaft ausgerichteten Einrichtung her, eine „Aussichts- und Wissensplattform zur allgemeinen Stadtgeschichte“ zu sein, ein „Schnittpunkt zahlreicher Themenbereiche, die für Stadt und Region relevant und für die breite Öffentlichkeit ebenso wie für die Wissenschaft von Interesse sind“ (S. 200).

Nun beschreibt Eva-Marie Ehrig den Aufbau des Museums vom Untergeschoss, das sich dem Rhein als Ökosystem und den Lebens- und Arbeitsbedingungen auf und am Fluss widmet, bis zum dritten Obergeschoss, in dem der Rhein als Reiseweg vorgestellt wird. Das Modell einer der Staatsjachten des Kurfürsten Jan Wellem stellt hier das Prunkstück der Sammlung dar. Die Entwicklung der Fähren und des Brückenbaus stehen am Ende der Ausstellung.

Dazwischen, im ersten Obergeschoss, findet der Besucher die Düsseldorfer Stadtgeschichte in einer Multimediashow präsentiert. Auch die Baugeschichte des Schlossturmes selbst wird hier beleuchtet, steht sie doch in unmittelbarem Zusammenhang zur Stadtgeschichte. Nach einem Brand 1872 wurde das Stadtschloss abgerissen, einzig der Schlossturm blieb erhalten und wurde restauriert. 1936 wurde er erstmals als Ausstellungsraum eines Garnisonsmuseums genutzt. Nach Kriegsschäden wurde der Turm 1949 wieder zur Nutzung hergerichtet. 1978 beschloss die Stadt Düsseldorf, im Turm ein Schifffahrtmuseum einzurichten. Die notwendigen aufwendigen Restaurationsmaßnahmen wurden durch private Spenden in Höhe von zwei Millionen Mark finanziert. 1984 konnte das Museum eröffnet werden.

Im zweiten Obergeschoss wird mittels verschiedener Schiffsmodelle „nicht nur die technische Entwicklung vom Einbaum zum Containerschiff […], sondern zugleich [der] Zusammenhang zwischen spezifischen Gegebenheiten unterschiedlicher Flussabschnitte (Nieder-, Mittel- und Oberrhein) und unterschiedlicher Bautypen veranschaulich[t]“. (S. 204)

Über die Ausstellung mit ihren zahlreichen Exponaten hinaus „steht dem Besucher ein umfangreiches digitales Bild- und Fotoarchiv zur Verfügung, das über 2000 Grafiken und Fotos sowie auch Filmmaterial umfasst.“ (S. 205)

Fazit: Eva-Marie Ehrig gelingt eine anschauliche Beschreibung des Museusm, seiner Geschichte und seiner Sammlung, so dass man durchaus Lust bekommt, bei einem Besuch in der Landeshauptstadt dem Schlossturm einen Besuch abzustatten. Wünschenswert wären noch kurze Informationen über Öffnungszeiten und Eintrittspreise gewesen. Diese findet man zwar auf der Homepage des Museums (www.freunde-schifffahrtmuseum.de), der Hinweis darauf ist aber etwas verschämt in eine Fußnote versteckt worden.

Ehrig, Eva-Marie, SchifffahrtMuseum im Düsseldorfer Schlossturm. In: Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur 1, 2010, S. 199–206.

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Das zweite ‚Museum‘, das in diesem Band portraitiert wird, liegt ebenfalls in Düsseldorf. Bastian Fleermann und Frank Sparing stellen „Geschichte und Profil der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf: Vom Polizeipräsidium zum Erinnerungsort“ vor (S. 207–215).

Bei einer Gedenkstätte handelt es sich definitionsgemäß nicht einfach um ein Museum (deshalb oben auch die Anführungszeichen). Eine traditionell museale Aufbereitung der nationalsozialistischen Verbrechen wäre dieser Thematik kaum angemessen. Vielmehr sind Gedenkstätten zugleich Orte der Sammlung, Dokumentation und Forschung und – nicht zuletzt – Orte der Erinnerung und des Gedächtnisses. Man kann in einer solchen Einrichtung nicht abstrakt historisches Material über den NS-Staat aufbereiten, ohne immer dessen konkrete Opfer vor Augen zu haben. Gedenkstätten solle nicht einfach nur Wissen über das Geschehene vermitteln, sie sollen vielmehr zu „Begegnung, Auseinanderetzung und Diskussion anregen,“ sie „sind Gedächtnisorte im öffentlichen Raum und gehören mittlerweile selbst zur Stadtgeschichte sowie zur städtischen Kultur und deren Wahrnehmung,“ (S. 207) wie die Autoren völlig zurecht ihrer Darstellung der Gedenkstätte voranschicken.

Die Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte wurde am 17. September 1987 im Düsseldorfer Stadthaus eröffnet und zeigt seitdem die Dauerausstellung „Verfolgung und Widerstand in Düsseldorf 1933–1945“. Hinzu kommen zahlreiche Sonderausstellungen. Zur musealen Präsentation tritt der Forschungsauftrag der Gedenkstätte. So existiert eine archivalische Sammlung und eine Forschungsbibliothek.
Im folgenden beschreiben die Autoren den historischen Bezug, der dem Ort der Gedenkstätte, das historische Stadthaus, seine Authentizität verleiht. Denn 1926 wurde das am Ende des 17. Jahrhunderts errichtete Gebäude von der Polizei angemietet und erst im Frühjahr 1934 wieder verlassen. Daher wurde das Stadthaus zu einem maßgeblichen Ort der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 in Düsseldorf, an dem NS-Gegner inhaftiert, gefoltert und eingeschüchtert wurden, um jeglichen Widerstand gegen die neuen Machthaber zu unterbinden. Nach dem Auszug der Polizei 1933 bezogen die 20. SS-Standarte, die Heeresstandortverwaltung und einige städtische Ämter das Gebäude, so dass der Ort auch weiterhin von zentraler Bedeutung für die Verfolgung von politischen Gegnern, Juden, Sinti und Roma und aller anderen Gruppen war, die in den Fokus der nationalsozialistischen Ideologie und des Staates gerieten.
Die Autoren erzählen ausführlich die weitere Geschichte dieses Standortes und seines Zusammenhangs mit dem nationalsozialistischen Terror in Düsseldorf. In seiner Komprimiertheit ist dieser Abschnitt des Beitrages sehr bewegend und führt die Notwendigkeit der konkreten Auseinandersetzung mit dem NS-Unrecht am historischen Ort deutlich vor Augen.

In einem weiteren Abschnitt folgt die Beschreibung der Entstehung der Gedenkstätte. Sie ist Teil der westdeutschen/bundesrepublikanischen Erinnerungskultur, die in den achtziger Jahren ihre entscheidenden Impulse von der Geschichtswerkstättenbewegung erhielt. Solche Initiativen gingen in der Regel von engagierten Einzelpersonen oder Vereinen aus, „Geschichte von unten“ ist das Stichwort der Zeit. Initiator in Düsseldorf war der Jugendring Düsseldorf, ein Zusammenschluss Düsseldorfer Jugendverbände.

2010/11 ist ein grundlegender Umbau des Stadthauses und damit der Gedenkstätte geplant. In diesem Rahmen soll auch die Dauerausstellung neu konzipiert werden. Diese wird sich dann „dem Themenfeld ‚Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus‘ widmen und zur Verdeutlichung und lokalen Verortung mit biografischen Beispielen aus Düsseldorf arbeiten.“ (S. 213) Diese neue Blickrichtung der Daueraustellung bietet die Möglichkeit, alle relevanten Aspekte des Lebens und Leidens im und unter dem Nationalsozialismus darzustellen. „Ziel der neuen Dauerausstellung soll es sein, die verschiedenen Formen des Erlebens von Kindheit und Jugend unter der nationalsozialistischen Herrschaft einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen […]. Hierbei steht die Frage im Vordergrund, wie die Veränderungen von Strukturen in einer totalitäten Gesellschaft die konkreten Lebenswege Einzelner beeinflussen und sich in reellen Lebenssituationen widerspiegeln.“ (S. 214) Man darf gespannt sein, wie dieses amibitionierte Vorhaben gelingen wird.

Beiläufig erwähnen die Autoren mit Verweis auf einen Zeitungsartikel der Rheinischen Post vom 6.11.2009 [es handelt sich wohl um diesen Artikel], dass das gesamte Gebäude am 1. Oktober 2009 an einen privaten Investor verkauft wurde. Gerne hätte man an dieser Stelle mehr erfahren über die Beweggründe der Stadt für diesen Schritt und vor allem über seine Auswirkungen auf die Konzeption und Arbeit der Gedenkstätte. Diese etwas zusammenhanglos hineingeworfene Information wirft immerhin beim interessierten Leser Fragen auf, deren Beantwortung leider ausbleibt.

Wie schon bei dem Beitrag von Eva-Marie Ehrig wäre auch hier eine kurze Auflistung wichtiger Daten und weiterführender Literatur und Internetlinks wünschenswert. Grundinformationen erhält man immerhin hier.

Fazit: Ein sehr informativer Beitrag über die Geschichte der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, der Interesse weckt für die anstehenden Veränderungen.

Fleermann, Bastian; Sparing, Frank, Geschichte und Profil der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf. Vom Polizeipräsidium zum Erinnerungsort. In: Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur 1, 2010, S. 207–215.

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In nächster Zeit werde ich in weiteren Beiträgen die Rubriken „Aufsätze“ und „Forum“ betrachten.

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