E-Books und Geschichte?
E-Books und Geschichte? — Ist das überhaupt eine Frage? Wer sich mit der Geschichte beschäftigt, ist es gewohnt, Bücher zu lesen. Und Aufsätze. Und Zeitschriften. Und Zeitungsartikel. Und neuerdings auch Websites und Blogs. Und vielleicht wird man sich auch ab und an mal eine Fernseh-Doku ansehen. Warum dann nicht auch E-Books?
Auf der anderen Seite: Warum auch noch E-Books? Die Bücher gibt es doch alle als gedruckte Exemplare. Sogar in Bibliotheken ausleihbar. Welchen Mehrwert bieten E-Books? Und wer will schon Stunden vor dem Bildschirm sitzen, um ein Buch zu lesen? E-Books machen vielleicht für den Krimi zwischendurch oder im Urlaub Sinn, wenn man ein Tablet oder einen E-Book-Reader nutzt, aber für “ernste” oder gar “Fach”literatur?
E-Books sind seit einigen Jahren auf dem Buchmarkt auf dem Vormarsch. In den USA verdoppelte sich deren Umsatz im Jahr 2011 im Vergleich zu 2010. “E-Books machten damit 15,5 Prozent der Umsätze der Verlage aus.” In Deutschland ist das noch ganz anders. “Der Anteil der digitalen Werke am gesamten deutschen Buchmarkt lag bei knapp 1 Prozent.” (Infos hier). Die Prognosen setzen aber auch hierzulande auf Wachstum: “In Deutschland sollen im Jahr 2011 nur 3,72 Millionen eBooks verkauft worden sein. Für das Jahr 2012 wird der Verkauf von 7,03 Millionen Titeln im Digitalformat erwartet. Im Jahr 2011 wurden in den USA also rund 100 Mal so viele eBooks verkauft wie in Deutschland. Der Marktanteil von eBooks am deutschen Buchmarkt wird für 2011 mit 1,4 Prozent geschätzt. Bis 2015 soll sich dieser Anteil der 10 Prozent Marke nähern.” (siehe hier).
Amazon hat mit dem Verkauf seines E-Book-Readers Kindle, den es inzwischen in diversen Versionen und Ausstattungen gibt, angefangen, auch in Deutschland den E-Book-Markt zu beleben. Dabei sind auch die anderen Anbieter nicht untätig, vor allem Weltbild hat zusammen mit Hugendubel in der letzten Zeit massiv neue E-Book-Reader auf den Markt gebracht und beworben. Auch hier gibt es eine Reihe von Produkten in unterschiedlicher Ausstattung und Preislage.
Weitere Anbieter sind schon seit langem auf dem deutschen E-Book-Reader-Markt vertreten wie Sony, Kobo oder Oyo, der vor allem von der Thalia-Buchhandelskette vertrieben wird.
Aber was nützt das beste Lesegerät, wenn es an der Buchauswahl mangelt? Nun ist der E-Book-Markt ja eine Katze, die sich in den Schwanz beißt. Je mehr E-Books es zu freundlichen Preisen gibt, um so größer wird die Nachfrage nach E-Book-Readern. Und wenn gute und preiswerte Lesegeräte erhältlich sind, steigert sich naturgemäß das Interesse an elektronischen Büchern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass gerade Amazon als wohl wichtigster Vorreiter des E-Book-Markts in Deutschland auch hier offensiv voran schreitet. So gibt es immer wieder Geschenkaktionen für E-Books: Nach Weihnachten, damit man das Kindle-Weihnachtsgeschenk gleich befüllen kann, an Ostern, am Valentinstag (Liebesromane!) oder bei den deutschen Vorrundenspielen der Fußballeuropameisterschaft. Auf den Geschmack gekommen, soll der Leser natürlich weitere E-Books der verschenkten Autoren oder der Buchreihe kaufen. Auch andere E-Book-Händler bieten immer mal wieder kostenlose E-Books an.
Was nützt das aber dem Geschichtsinteressierten oder gar dem Fachhistoriker? Außer ab und zu einem historischen Roman wird in diesen Sonderaktionen nur selten etwas Relevantes dabei sein.
Es gibt aber (mindestens) noch zwei andere E-Book-Angebote, die Interessantes bieten können.
Zum einen entwickelt sich mit dem Aufkommen der E-Books langsam, aber sicher ein Independent-Markt. Viele Autoren versuchen ihr Glück auf eigene Faust oder mit Unterstützung spezialisierter kleiner E-Book-Verlage und stellen ihre Werke dem Publikum für kleines Geld zur Verfügung. Auch hier ist Amazon Vorreiter und bietet ein sehr gutes Portal für das Self-Publishing. Natürlich gehören die überwiegende Zahl der Titel zur unterhaltenden Literatur: Belletristik, Krimis und Thriller, Science Fiction, Fantasy usw. Historische Romane sind schon seltener. Aber ab und zu finden sich auch historische Sachbücher und manchmal sogar “richtige” Fachbücher.
Zum anderen ist der Bereich der gemeinfreien Literatur für den E-Book-Markt wie geschaffen. Bücher, deren Urheberschaftsrechte erloschen sind, können völlig legal kostenlos von jedermann zum Herunterladen angeboten werden. Längst gibt es eigene Portale für solche Literatur, und auch Amazon hat dies erkannt und bietet tausende Titel gemeinfreier Literatur kostenlos für seinen Kindle an. Unter diesen Büchern finden sich dann in der Tat für den Geschichtsfreund wundervolle Exemplare: Klassiker der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts wie z. B. Jacob Burckhardts “Die Kultur der Renaissance in Italien” oder geschichtsphilosophische Titel wie Machiavellis “Fürst”.
Allein diese Möglichkeit, eine Welt grundlegender historiographischer Werke ohne weitere Kosten – man braucht in der Tat nicht einmal einen besonderen E-Book-Reader – lesen zu können, ist es Wert, sich mit dem Thema auf einem Geschichts-Blog näher zu befassen. Daher werden Beiträge rund um dieses Thema in Zukunft häufiger hier auftauchen. Ich werde auch eine eigene Unterseite hierzu einrichten.
Viel Spaß beim Lesen der Beiträge und vielleicht auch einiger E-Books.
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