Nikolaus und Co.
Die Vorweihnachtszeit ist geprägt vom Rhythmus der Heiligenfeste und ihres Brauchtums. Das St. Martinsfest am 10.11. habe ich ja bereits angesprochen (hier). Am 6. Dezember ist nun der bekannte St. Nikolaus an der Reihe.
- Nikolaus von Myra (russische Ikone von Aleksa Petrov, 1294)
Der Tag ist dem heiligen Bischof Nikolaus von Myra (in der heutigen Türkei) gewidmet. Historisch ist von ihm wenig gesichert. Im Volksglauben ist die Erinnerung an ihn, vielleicht verschmolzen mit einem Abt namens Nikolaus, aber geblieben. Historisch gesicherte Fakten über ihn gibt es aber wenige. Was über ihn bekannt ist, entstammt frommen Legenden, deren geschichtlicher Kern durchaus umstritten ist. Manfred Becker-Huberti schreibt: „Alle Datierungsversuche und Datumsangaben im Zusammenhang mit Nikolaus von Myra sind reine Spekulation. Seine Geburt im kleinasiatischen Patras, die an verschiedenen Stellen behauptete Teilnahme am Konzil von Nicäa 325, wo Nikolaus die Irrlehre des Arius bekämpft haben soll, sind ebenso wenig zu belegen wie die Terminierung seines Todes auf das Jahr 343.“ (Becker-Huberti, Manfred: Feiern – Feste – Jahreszeiten. Lebendige Bräuche im ganzen Jahr. Geschichte und Geschichten, Lieder und Legenden. Freiburg: Herder 1998. S. 44-46, hier ist das Zitat online.)
Der heilige Nikolaus wurde von den Schiffern in Seenot angerufen und gilt als Retter der Kinder vor Armut und Not. Ursprünglich wurde er vor allem in der Türkei und Griechenland verehrt, seit dem 9. Jahrhundert aber auch in Westeuropa. Nördlich der Alpen erhielten vom 11. – 16. Jahrhundert über 22.000 Kirchen seinen Namen.
Im Mittelalter wurden die Geschichte um den hl. Nikolaus aufgeschrieben. Eine solche Legendensammlung stammt von Jacobus de Voragine aus dem 13. Jahrhundert. Es ist die Legenda aurea. Die Legenden über Nikolaus kann man hier nachlesen.
Regional hat sich der Volksglaube aber recht unterschiedlich entwickelt. In Amsterdam kommt z. B. der hl. Nikolaus mit dem Schiff, in Skandinavien dagegen mit dem Rentierschlitten, von denen das Rentier Rudolph mit der roten Nase das bekannteste sein dürfte (allerdings erst seit ca. 1950 durch das Lied „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer“). In Deutschland kommt er meist mit dem Schimmel dahergeritten, während er in Irland, Großbritannien und USA durch den Kamin in die Häuser gelangt.
Traditionell wird er in bischöflichen Gewändern dargestellt mit Mitra und Bischofsstab (wie z. B. auf dieser luxemburger Briefmarke aus dem Jahr 1980).
Als Schutzpatron der Kinder wird sein Name gerne als Taufname vergeben. „Der Name Nikolaus und seine Ableitungen Niklas, Nickel, Klaus, Klas, Klaes, Nico, Nicole, Nikolette, Nicola, Nick, Nikita wurde zeitweise zum beliebtesten Vornamen und Familiennamen.“ (Angelika Thol-Hauke, „Die Wiederkehr der alten Männer; Nikolaus, Ruprecht und der Weihnachtsmann…! Das kleine Who ist who der Weihnachtszeit“ Studium Generale an der EFB 4.12.02) Aus diesen Vornamen wurden seit dem Mittelalter über 400 Familiennamen abgeleitet. (vgl. Kunze, Konrad, dtv-Atlas Namenkunde. Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet. 5. Aufl. München 2004, S. 75)
Im Mittelalter hat sich am Nikolaustag eine besondere Tradition herausgebildet, die des Kinderbischofs. Klosterschüler wählten damals aus ihren Reihen einen Kinderbischof, der am 6. Dezember teilweise ganz offiziell für einen Tag an die Stelle des richtigen Bischofs trat. Vor diesem Bischof mussten nun die Lehrer und Aufseher um Vergebung bitten und symbolische Strafen für ihre Missetaten des vergangenen Jahres erdulden. Anschließend wurde ein großes Fest gefeiert. Näheres findet man hier.
- Karikatur von Thomas Plaßmann
Häufig tritt der Nikolaus zusammen mit Knecht Ruprecht auf. Während der hl. Bischof die Kinder befragt, ob sie auch artig waren und im positiven Fall mit Süßigkeiten beschenkt, übernimmt Knecht Ruprecht im negativen Fall die Bestrafung. Im schlimmsten Fall durfte Knecht Ruprecht, Hans Muff, Krampuss oder Leutfresser, wie er auch genannt wird, die Kinder in den Sack stecken. Bekannt ist die Struwwelpeter-Geschichte, in der der Nikolaus die Kinder in ein Tintenfass steckt.
Wie der Gabenbringer der Kinder und sein Begleiter genau heißen, hängt von der Region ab, in der man wohnt. Auf dieser Karte kann man sehen, wie unterschiedlich der Nikolaus bzw. Knecht Ruprecht traditionell genannt werden:
Mit der Reformation trennte sich die Entwicklung innerhalb der konfessionell unterschiedlichen Gebieten. Während die mittelalterliche Heiligenverehrung in katholischen Ländern sich weiterentwickelte, riss sie in reformatorischen Territorien ab. Luther forderte, den hl. Nikolaus als Gabenbringer durch den „heiligen Christ“ zu ersetzen und die Bescherung vom 6. Dezember, dem Nikolaustag, auf den 25. Dezember, also Weihnachten zu verlegen. Teilweise hielt sich auch in evangelischen Gegenden die Nikolaus-Figur, wenn auch in abgeänderten Formen. Statt des Nikolaus brachte nun in evangelischen Gegenden der Heilige Christ oder das Christkind an Weihnachten die Geschenke.
Seit dem 19. Jahrhundert taucht vor allem im protestantischen Norddeutschland der Weihnachtsmann auf, der am heiligen Abend die Geschenke bringt. Er ersetzt den Heiligen Christ oder das Christkind. Seine ursprünglich religiösen Bezüge verblassen. Er verliert den Bischofsstab und die Bischofsmitra des Nikolaus, nur die rote Farbe seines dicken Wintermantels erinnert noch an das rote Bischofsgewand.
Einen solchen verweltlichten Nikolaus stellt die Struwwelpeter-Karikatur dar:
- Nikolaus im Struwwelpeter
„Der Weihnachtsmann ist die durch den aufgeklärten Protestantismus säkularisierte Symbiose von Nikolaus-Ruprecht-Heiliger Christ.“ (Angelika Thol-Hauke, „Die Wiederkehr der alten Männer; Nikolaus, Ruprecht und der Weihnachtsmann…! Das kleine Who ist who der Weihnachtszeit“ Studium Generale an der EFB 4.12.02) Auch in katholischen Gebieten wandelt sich im 19. Jahrhundert das Brauchtum. Auch hier wird Weihnachten der Geschenktag und der Gabenbringer wird das Christkind. Gleichwohl bleibt der Nikolaus als Gabenbringer von Süßigkeiten erhalten.
Im angelsächsischen Raum, vor allem in den USA, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Figur des Santa Claus (heiliger [Ni]K[o]laus) für die Werbung entdeckt. Es stimmt zwar nicht, dass Coca Cola den Weihnachtsmann in seiner heute überall gegenwärtigen Form erfunden hat (siehe Coca Cola? Ach was!), aber zweifelsohne hat sich dieses Bild vom Weihnachtsmann auch mit Hilfe Hollywoods inzwischen weltweit durchgesetzt.
In Kaufhäusern, auf Weihnachtsmärkten, auf unzähligen Prospekten und Postern begegnet man heute dem Werbe-Weihnachtsmann, der mit einer tiefen Stimme „Ho-Ho-Ho“ ruft und weihnachtliche Stimmung zu verbreiten sucht. Das gefällt allerdings nicht jedem.
Seit einigen Jahren gibt es z. B. die Aktion: Weihnachtsmannfreie Zone.
- Aufkleber „Weihnachtsmannfreie Zone“
Vielleicht ist dem einen oder anderen ja schon einmal dieses Bild oder Aufkleber begegnet. Es ist ein Versuch, auf die wirtschaftliche Vermarktung des Nikolaus als profaner Weihnachtsmann aufmerksam zu machen und sich auch dagegen zu wehren.
Der Karikaturist Thomas Plassmann hat dies immer wieder mal thematisiert:
Wer mehr über den Nikolaus, das Christkind oder den Weihnachtsmann erfahren möchte, findet im Internet viele weitere Informationen, u. a. beispielsweise hier:
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