Literaturverwaltung am PC

citavi ist eine recht bekannte Literaturdatenbank, mit der ich seit vielen Jahre arbeite. Die aktuelle Version ist die 2.5er, aber seit einingen Wochen ist citavi 3 in der beta-Version freigegeben und im Laufe dieses Monats kann mit der entgültigen Freigabe des Programms gerechnet werden.

Dies ist ein guter Anlass, eine neue Rubrik in diesem Blog zu eröffnen. Ich will sie „Werkzeuge des Historikers“ nennen, in Anlehnung an ein Standardwerk, mit dem wahrscheinlich jeder Geschichtsstudent in Deutschland vom ersten Semester an konfrontiert wurde: Ahasver von Brandt, Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. (Urban-Taschenbücher Bd. 33), Stuttgart 2007 (17. Auflage).

Nun geht es mir natürlich nicht darum, die historischen Hilfswissenschaften hier vorzustellen (da verweise ich gerne auf Ahasver v. Brandt und andere). Ich möchte vielmehr auf die Hilfsmittel eingehen, die sich für mich bei der Arbeit mit und an der Geschichte als nützlich erwiesen haben. Das ist ganz subjektiv und ich versichere, dass ich keine Provision dafür erhalte. 😉

Beginnen will ich, wie gesagt, mit citavi. Jeder, der sich intensiver mit der Geschichte befasst, wird mit einer Unzahl von Büchern, Aufsätzen, Reihen, Katalogen, Flugschriften und neuerdings Internetseiten, pdf-Dokumenten, word-, powerpoint- oder excel-Dateien (bzw. die Pendants von open office oder anderer Bürosoftware) konfrontiert, die es zu sammeln, zu sortieren, inhaltlich zu erfassen und bei Bedarf schnell abrufbar zu haben gilt. Von podcasts, video- und audio-Files ganz zu schweigen. Aber alle Information, die man im Laufe der Zeit bei der Beschäftigung mit einem Projekt oder Thema findet, will systematisch erfasst werden. Sonst nützt sie nicht viel. Diese Erfahrung machen nicht nur Studenten, sondern alle, die sich in historische Themen einarbeiten wollen, sei es die Geschichte der eigenen Stadt oder des eigenen Stadteils, des Vereins, der Kirchengemeinde oder der eigenen Familie.

Früher gab es für diesen Zweck den berühmten Karteikasten, in dem die ganze Literatur erfasst und ggf. auch ausgewertet wurde.

(Flensburg, Städtische Bibliothek, ca. 1952)

(Quelle: Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), B 145 Bild-F000329-0029 unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 GermanyLizenz.)

Im Computerzeitalter bot sich der Einsatz von word und excel an, und für kleinere Projekte reicht die Literaturerfassung auf dieser minimalistischen Basis meist auch aus. Wenn aber die Zahl der Titel, die es zu erfassen gilt, rasant zunimmt und die Anforderungen an die Literaturverwaltung deutlich zunehmen, ist man mit einer Spezialsoftware besser dran. Mit solchen Programmen kann man nicht nur eine Vielzahl zusätzlicher Informationen zu einem Titel aufnehmen (Bibliotheksstandorte, persönliche Bemerkungen, Hinweis und Verlinkung auf Rezensionen usw.), man kann die Titel auch je nach Bedarf für das Literaturverzeichnis oder eine Fußnote fertig formatiert ausgeben.

Das erste Literaturverwaltungsprogramm, das ich für meine Arbeit verwendete, war Literat. Das Programm war kostenlos und wurde  an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf entwickelt. Es ist heute noch kostenlos erhältlich, allerdings wurden der Support und die Entwicklung eingestellt und citavi als Nachfolgeprojekt seit 2006 angeboten. Literat war bereits ein recht komplexes Programm, das dennoch einfach zu bedienen war und sowohl bei kleinen Projekten in der Größe einer Seminararbeit, als auch bei umfangreichen Arbeiten wie Dissertationen oder Publikationen seine guten Dienste tat. Wer sich erstmals mit der Frage beschäftigt, wie er oder sie den Überblick über die wachsende Zahl an Litertur behalten kann, sollte sich jedenfalls dieses Programm einmal ansehen, auch weil der Aufbau anderer Literaturverwaltungsprogramme und insbesondere seines Nachfolgers sich dann leichter erschließt.

citavi als Nachfolgeprogramm ist nun nicht mehr kostenlos erhältlich. Die Vollversion muss bezahlt werden. Dagegen kann weiterhin unentgeltlich und in beinahe vollem Umfang eine free-Version genutzt werden, die lediglich auf 100 aktiv anlegbare und bearbeitbare Titel beschränkt ist (alles darüber hinaus lässt sich nicht mehr speichern, so dass diese Version als „reader“ für größere Datenbestände geeignet ist). Für kleinere Projekte ist das immer noch ausreichend. Vor allem hat man so die Möglichkeit, das Programm im „Alltagstest“ auf Herz und Nieren und vor allem im Blick auf die eigenen Bedürfnisse zu prüfen.

War Literat trotz aller zusätzlichen Leistungen im Wesentlichen ein reines Literaturverwaltungsprogramm, so bietet citavi weit darüber hinausgehende Möglichkeiten. Selbstverständlich ist die Basis aller Arbeit mit citavi die Erfassung und Bearbeitung von Literaturdaten. So reicht die Eingabe einer ISBN-Nummer, um per Knopfdruck die dazugehörenden bibliographischen Angaben zu laden und einen Datenbankeintrag anzulegen. Findet man die ISBN-Nummer im Internet, in einer pdf- oder word-Datei, so kann mittels eines kleinen add-ons, dem „Picker“, der komplette Titel mit einem Mausklick in das Programm aufgenommen werden. Handelt es sich um einen Aufsatz aus einem Sammelband, so kann dieser anschließend ganz einfach eingegeben und dem Sammelband zugewiesen werden. Die Recherchefunktion ermöglicht es, mittels beliebiger bibliographischer Angaben nach einem Titel in einer Vielzahl von Datenbanken im Internet zu suchen und die Treffer in die eigene Datenbank zu übernehmen. Wenn die eigene Stadt- oder Unibibliothek abgefragt wird, bekommt man auch gleich die zugehörige Signatur mit ausgewiesen. Nur hingehen und den Titel einsehen, muss man noch selbst.

Für die Ausgabe eines Titels kann man auf eine Vielzahl von vorbereiteten Zitationsstilen zurückgreifen, was besonders wichtig ist, wenn in einem Fach sehr strenge Zitierregeln gelten. Abgesehen davon kann man sich auch mit etwas Geduld seinen ganz eigenen Zitierstil anlegen. Während des Schreibens können die zitierten Titel mit einem Mausklick in den word- oder open office-Text eingefügt werden. Am Ende wird dann automatisch der Titel in der gewünschten Form in der Fußnote zitiert und ein Literaturverzeichnis angelegt.

Nun ist die Erfassung der Literatur nur die Grundlage für die eigentliche Arbeit: die Auswertung und gedankliche Verarbeitung. Auch hier bietet citavi eine Reihe nützlicher Hilfen an, das Stichwort bzw. der Menü-Punkt lautet „Wissensorganisation“. So können beliebig viele Zitate aus einem Titel gespeichert werden, nicht nur Textzitate, sondern auch Abbildungen. Der Bereich „Wissensorganisation“ des Programms hilft nun, die Titel und ggf. die daraus erfassten Zitate in eine gedankliche Gliederung zu fassen. Wenn man also die Grobgliederung seines Projektes entworfen hat, so kann sie die Grundlage für die Verarbeitung der Literatur in citavi bilden. Im Laufe der Zeit lässt sich diese Gliederung natürlich beliebig verfeinern. Und wenn es am Ende an den Schreibprozess geht (jede Arbeit will irgend wann einmal zu Papier gebracht werden), stehen einem alle relevanten Titel mit den jeweiligen Zitaten zu jedem Kapitel und Unterkapitel zur Verfügung.

Citavi bietet darüber hinaus auch für den Bereich „Aufgabenplanung“ einige Hilfen an. Zu jedem Titel können Aufgaben verzeichnet werden wie: Abstract schreiben, begutachten/bewerten, entleihen, kaufen, scannen, kopieren, Titelangaben überprüfen, Literaturverzeichnis auswerten usw. Eben all die Dinge, die als todos anfallen, wenn man einen neuen Titel für die Arbeit erfasst. Diese Aufgaben lassen sich in ihrer Wichtigkeit kategorisieren und mit Notizen versehen. Der Arbeitsfortschritt kann schließlich ebenfalls notiert werden.

Das soll als Beschreibung des Programms genügen. Wer Interesse hat und den Bedarf verspürt, Ordnung in die viele Literatur zu bringen, mit der man es nun einmal zu tun hat, der soll sich mal in Ruhe die kostenlose Grundversion ansehen. Dabei muss man überlegen, ob man die noch aktuelle Version wählt (die sehr stabil und rund läuft) und dabei in Kauf nimmt, ggf. in kurzer Zeit auf die neue Version umsteigen zu müssen. Die Daten von citavi 2.5 können natürlich problemlos in citavi 3 übernommen werden, umgekehrt geht das nicht. Außer einer Reihe neuer Funktionen ist vor allem auch die Benutzeroberfläche in der neuen Version gründlich renoviert worden, so dass man schon eine gewisse Umstellungszeit einkalkulieren muss.

Hier ein optischer Vergleich der beiden Versionen:

Die Beta-Version, die noch bis zum Jahresende als Vollversion genutzt werden kann, beinhaltet dagegen noch nicht alle Funktionen und stürzt auch schon mal ab – allerdings und zum Glück bei mir bis jetzt ohne jeden Datenverlust. Zum Ausprobieren allein reicht das und man erspart sich die Umstellungsschwierigkeiten, wenn man sich für die fertige Dreierversion entscheiden sollte. Wenn man citavi dagegen gleich an einem „echten“ Projekt testen will, sollte man sich wohl für die stabile aktuelle Version entscheiden.

Natürlich sind citavi bzw. Literat beileibe nicht die einzigen Literaturverwaltungsprogramme auf dem Markt. Es gibt eine Vielzahl von Lösungen von kostengünstiger Shareware bis zu vergleichbarer professioneller Software wie citavi. Als Beispiele wären das bekannte Endnote (siehe auch hier), Biblioscape oder  ProCite zu nennen.

Eine Aufstellung mit Kurzbeschreibung diverser Literaturverwaltungsprogramme (darunter auch citavi und Literat) findet sich hier. Ein weiterer Vergleich diverser Literaturverwaltungsprogramme hat Joachim Eberhardt unter dem Titel „Über Literaturverwaltungsprogramme, Dokumentenmanager und andere elektronische Helfer“ hier ins Netz gestellt (stammt aber bereits aus dem Jahr 2006).

Die Entwickler von citavi haben einen Aufsatz über den Einsatz von Literaturdatenbanken (natürlich unter besonderer Berücksichtigung ihres eigenen Programms) verfasst, der hier online abrufbar ist (Peter F. Meurer, Hartmut Steuber, Elektronisches Literatur- und Medienmanagement und sein Beitrag zur Qualitätssicherung im Studium. Aus: Holger Ehlert, Ulrich Welbers [Hrsg.]: Qualitätssicherung und Studienreform. Düsseldorf 2004, S. 328-338 [geringfügig gekürzte Fassung, 2/ 2005]).

Wofür man immer sich auch entscheidet: Viel Spaß beim Ausprobieren!

Hier gibt es noch einen Nachtrag!

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